Nur wer eine höhere Schule besucht hat, nämlich im 8. Stock der B1 in der Augustenstraße, kann mit dieser Abkürzung etwas anfangen. Unser Genie Dr. Dr. Schn… Lehrer für Fachrechnen, sprach viel in Abkürzungen, meist unverständlich für die Postfernmelder. Na, weißt Du es noch. Strabaschaga. Ist doch ganz einfach: Straßenbahnschaffnersgattin. Seine andere Seite war da schon eher verständlich. Wer dem Unterricht nicht folgte, bekam diese weniger schöne Seite von ihm zu spüren. Beliebt war, uns Schüler an den Koteletten hochzuziehen. Da stand jeder freiwillig auf. Worauf er auch besonderen Wert legte, dass im Federmäppchen alles eingeräumt war. Die Kontrolle war relativ einfach. Er nahm das geschlossene Federmäppchen und hielt es aus dem Fenster im 8. Stock. Nun öffnete er es. War alles in den Schlaufen, ok. Wehe aber nicht, dann flogen in hohem Bogen die Füller, Stifte oder Spitzer nach unten. Obwohl deutsche Wertarbeit (Geha oder Pelikan), diesen Sturz überlebte kein Füller. Das war halt seine Methode uns zu ordnungsliebenden Menschen zu erziehen. Trotz seiner seltsamen Methoden, bekam unser Doc immer den meisten Applaus auf den Weihnachtsfeiern. Vielleicht kennt jemand noch weitere Wortspiele von ihm.

Von wegen, Schluss mit Schule und lockeres Erwachsenen-, ääähmm wenigstens Lehrlingsleben. Gut, von einer Berufsschulpflicht hatte man was gehört. Aber es ging ja auch in der Lehrwerkstatt direkt weiter mit Schule, und zwar in verschärfter Form.
Mindestens zweimal die Woche gab es Unterricht - nach unserer damaligen Meinung ging damit die lehrvertragsgemäße Ausbildungserpflichtung unseres Lehrherren weit über die Grenze des Zumutbaren hinaus.
Elektrotechnik war natürlich der Spitzenreiter, aber um dieses Gebiet zu verstehen, waren auch Physik, Chemie und Fachzeichnen nötig, und vor allem das Fachrechnen bis an die Sphären der höheren Mathematik. Daneben noch Allgemeine und besondere Fachkunde, und zuletzt kam auch noch der Verwaltungskram dran mit den Grundzügen von Staatskunde, Personalrecht und „Kleinem Schriftverkehr“.
So mancher wähnte sich fast wie auf der Universität, dabei wollten wir doch nur lernen, wie man ein Telefon funktioniert und wie man das an die Wand schraubt.
Wer beim Unterricht anfangs noch gedacht hatte, lass den da vorne doch reden, den erwischte schnell die Realität des Lehrlingslebens. Denn natürlich wurde der Stoff auch durch regelmäßige Aufsichtsarbeiten geprüft, wobei eine unangekündigte „Ex“ besonders fies war und so manchen kalt erwischt hat.
Und nicht genug damit, die Benotungen wurden fein säuberlich in den Wochenberichten dokumentiert und sorgten so am Wochenende gelegentlich für zusätzlichen Stress,wenn sie mit den Eltern durchdiskutiert werden mussten. Da half dann nur die aufmüpfige Frage an den Vater: „Hättest Du denn vielleicht gewusst, wie vier gleiche Stromquellen mit jeweils 2 Volt und 4 Ohm Innenwiderstand zusammengeschaltet werden müssen, damit man insgesamt eine EMK von 4 Volt bei einem Gesamtinnenwiderstand von 4 Ohm rauskriegt?“
Doch alle diese Gehirnqualen hatten auch ihre guten Seiten. Ein Fernmeldelehrling wusste halt, das es sich bei URI nicht zwingend um einen Kanton in der Schweiz handelt, dass unser Kirchhoff kein Komponist ist und seine Gesetze nicht im BGB stehen und dass man die Bessemer Birne nicht essen kann.

Viele Lerninhalte waren mit denen der Berufsschule identisch – doppelt genäht hat schon immer besser gehalten und letztlich doch das Leben erleichtert. Auch im späteren Berufsleben, vor allem bei den karrierefördernden Lehrgängen an der Fernmeldeschule, war man als ehemaliger gutgeschulter Fernmeldelehrling allen anderen voraus.

Die Aufsichtsarbeiten des 1.LJ zum runterladen

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