Ein Ausbilder (Herr St. vom vierten Stock ? ) war ein ausgewiesener Fußballtheoretiker und -Experte und wollte darum unbedingt den Schiedsrichter machen, als einmal beim Dienstsport Fußball angesagt war. Jetzt war er aber schon ein bisschen älter und noch dazu ein eher behäbiger als sportlich-durchtrainierter Typ. Und darum flehte er schon nach wenigen Spielminuten lautstark und mit letzter Kraft „Spielt jetzt mal im Schiedsrichter-Tempo, Buben!“
Die Lieblingsanrede eines anderen Meisters war „Du Doochler“ mit ganz langem „o“. Das war von ihm in allen Lebenslagen zu hören, von „Jetzt mach endlich voran, du Doochler“ über „Hol mal das Werkzeug, du Doochler“ bis „Hast aber gut gemacht, du Doochler“. Ohne zu wissen, was das hieß, hatte ich es schnell auch in meinem Sprachschatz und redete auch alle möglichen Leute so an. Erst Jahre später kam die Erleuchtung: „Doochler = Taglöhner“.

Unser Lehrherr wollte uns fit, beweglich und gesund haben. Also waren wöchentliche Sportstunden angesagt, um welche uns die Lehrlinge in kleineren Betrieben echt beneideten. Im Sommer ging es nach Erlenstegen auf das Gelände des Postsportvereins mit seinen vielfältigen Möglichkeiten – dort gab es fast das komplette olympische Leichtathletik-Programm, dazu noch Fuß-, Hand- und Faustball. Zwischendurch ging es auch mal ins Gelände zum Waldlauf (joggen und walken waren ja noch nicht erfunden) Und gelegentlich durften (oder mussten) wir in den schweißtreibenden Kraftsportraum. In den Wintermonaten waren wir in einer Turnhalle im Hummelsteiner Weg oder im schönen alten Volksbad am Plärrer.
Mehrfach musste mündlich und schriftlich darauf hingewiesen werden, dass nach dem Sport „jeder Teilnehmer sich gründlich zu waschen und seine Kleidung zu wechseln hat“. Wir fuhren dann ja mit der Straßenbahn wieder zurück und es soll da so manche naserümpfende Beschwerde gegeben haben.
Schon damals wurden bei unerlaubtem Doping alle Augen zugedrückt: Eigentlich hatten wir ja anfangs weitgehendes Alkohol- und Rauchverbot. Aber nach dem Sport, im Biergärtla vom Postsportverein, da wurden ein Seidla oder zwei und die Zigarette dazu gern mal übersehen.

Der Höhepunkt des Sportjahres war die „Lehrlingsolympiade“, das traditionelle Nürnberger Lehrlings-Sportfest im Städtischen Stadion. Auf genau dem Rasen, auf dem 1967 der Club den FC Bayern mit 7:3 niederbügelte und 1968 Deutscher Meister, damals Rekordmeister!!!, wurde. Das waren halt noch Zeiten.

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