„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ diesen Spruch hörte ich immer von meiner Mutter, wenn ich mich wieder mal über die Blasen an den Händen beschwerte, vom U-Eisen schrubben. Unsere Feilen in der BBi waren alle in Ordnung, denn: „Schadhaftes Werkzeug bringt Gefahr“ aber ich hatte trotzdem Blasen. Beim gemeinsamen Mittagessen „Kameradschaft erhöht die Arbeitsmoral“ tauschte ich dann mein Leid mit den anderen aus. Es kam schon manchmal Blödsinn heraus, bei unseren Mittagsgesprächen „Übermut tut selten gut“, wie wahr, denn es gab gleich eine hinter die Ohren, als mal dem einen Flehrl seine Feile mit Öl beschmiert wurde. „Das Werkzeug in eigener Hand ist anvertrautest Gut“ eben und gut eingeölt rostet nix. Am Monatsende „Man hat Freude an der Arbeit, wenn sie Früchte trägt“ war die Freude aber nicht so groß beim Anblick des Lohnzettels, vielleicht deswegen „wie die Arbeit so der Lohn“. Na immerhin zu einer 50er Honda hat’s gereicht. Der ganze Stolz des Flehrl, kam gut an bei den Mädels. Doch eines Tages, Kolbenfresser, nix ging mehr. Sollte ich da was nicht verstanden haben „Ein Tropfen Öl, erspart hundert Tropfen Schweiß“ kam vielleicht erst im 3. Lehrjahr. „Die höflichsten Menschen sind nicht immer die edelsten“ edel waren sie schon unsere Ausbilder. „Keinen Fehler macht nur der, der nix tut“, ich wollte doch nur fehlerfrei sein. „Der Wille ist alles“ doch die Hände wollten halt manchmal nicht.
„Gehen zwei auf der Straße, sagte der eine, jetzt lass mich doch auch mal in die Mitte“. Diesen Spruch habe ich leider nie ins Berichtsheft schreiben dürfen.

Beim Betrachten der zahlreichen Bilder aus unserer Lehrzeit meine ich grad, dass es erst vor ein paar Jahren gewesen ist. Ja, im Alter hat man kein so ein detailliertes Zeitgefühl mehr. In Erinnerung bleiben auch immer die schönen Zeiten aus der Vergangenheit. Das ist auch gut so. Es waren natürlich auch weniger schöne Erlebnisse in der Ausbildung, halt wir waren ja in der Lehre. So hatte ich noch Jahrzehnte nach der Lehrzeit Bammel wenn ich ein Formular ausfüllen sollte, dass ich ja nicht über das Feld hinaus schrieb. Auch wenn das vorgegebene Feld noch so kurz war, der Text wurde von mir rein geschrieben. Das habe ich meinen Ausbilder Alfred Schmidt (1. Lj. EG hinten) zu verdanken. Um unser Gehalt vom Kassenbeamten zu bekommen, musste der braune Vordruck vom Postscheckamt ausgefüllt werden. Diesen kontrollierte er immer, ob wir genau nach seinen Vorgaben diesen ausgefüllt hatten. Links u. rechts des Betrages gehörte ein Strich hin. Natürlich nicht frei Hand, sondern mit dem Lineal, genau parallel. Auch meine Unterschrift exakt unter dem gedruckten Text „Unterschrift“. Keinen Millimeter links oder rechts davon. Er war halt ein Perfektionist, man kann aber auch sagen penibel. Sogar seine „LORD EXTRA“ öffnete er mit dem Taschenmesser im rechten Winkel. Diese lagen dann im rechten Winkel zu den Stiften, auf seinem Schreibtisch.

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