Die Bilder vom Lehrlingsbautrupp haben mich an das 2. Lj. erinnert.
Beim oberirdischen Bautrupp war die Gruppe 8 im Winter eingesetzt. Zu meiner damals schon vorhandenen Höhenangst, kam auch noch die Kälte dazu. Ausgerüstet mit Lederhandschuhen kauerte ich oben am Mast. Durch die steifen Handschuhe war natürlich ein normales arbeiten nicht möglich. Es dauerte alles noch mal solang, als ohne Handschuhe. Dann fiel wieder das Werkzeug nach unten. Also runter, Seitenschneider holen und wieder hoch. Aber auch bei Bodenarbeiten, wie Mastloch ausheben, tat man sich im Winter sehr schwer. Der gefrorene Boden machten so einem „Grischbeler“ <translate>klein, dünn</translate> wie ich, schwer zuschaffen. Unsere Aufträge führten uns meistens hinter Schwabach.
Mittags ging’s dann in die Gaststätte, Wirtschaft hieß es damals, zum Aufwärmen und auch für’n Hunger. Wir Lehrlinge tranken meistens, wie es sich für richtige Handwerker gehörte, Radler. Nach ein paar Tagen, gab’s plötzlich das Radler mit Mineralwasser. Es schmeckte scheußlich. Ob der Wirt ein paar Pfennige dann mehr verdiente oder im einfach das Limo ausging, weiß ich nicht.
Beschwert hat sich damals keiner, denn als Lehrling muckte man nicht auf. Eines Tages am Mast, es war so Ende Februar, Anfang März, ich wieder eingemummt und mit Handschuhen. Kam Mittags die Sonne heraus und es wurde richtig warm.
Da spürte ich erstmals in meinem noch jungen Leben, was es heißt es wird Frühling.

WB1Genau wie Heute standen wir Fernmeldelehrlinge unter enormen Erfolgsdruck.
Unsere Zeiten und Tätigkeiten wurden streng überwacht und mussten von uns selbst dokumentiert werden damit dem Ausbilder das „Handling“ für das „Monitoring“ erleichtert wurde.
Das „Tool“ hieß „Wochenbericht“, war nicht sehr beliebt und musste jede Woche den Eltern zum „Wochenreview“ vorgelegt werden. Vorher wurde das „Working“ vom Ausbilder noch mit Noten „aufgewertet“
Unsere Ziele waren die 3 „F“s; Führung, Fleiß, Fertigkeiten, sowie Kenntnisse und Heftführung.
Die Zielvorgaben wurden von den Zielüberwachern (meist die Eltern) individuell für jeden
Fernmeldelehrling in einem Zielkorridor festgelegt. Vor der obligatorischen Unterschrift der „Controller“ gab es je nach Gewichtung des Zielerreichungsgrades ein Zucken mit der Augenbraue (80%), eine Kürzung der Leistungszulage zum ALG (Allgemeines Lehrgeld) (60%) oder in extremen Fällen Stubenarrest (<40%).
In äußerst seltenen Fällen wurde bei Zielerreichung ein anerkennendes Schulterklopfen gewährt oder eine kleine Sonderauszahlung in Form von 5.-DM ausgeschüttet. Eine Zielüberschreitung, war damals nicht möglich, getreu dem mathematischen Gesetz „100% - mehr geht nicht“.
Anscheinend gilt dieses Gesetz Heute nicht mehr, denn es gibt auch Zielerreichungsgrade von deutlich über 100%. Verstehe das wer will...

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